Finnland:Bereit für den Winterschlaf?

Finnland:Bereit für den Winterschlaf?

In den finnischen Wäldern suchen sich derzeit hunderte wildlebende Braunbären einen gemütlichen Ort, um dort die dunkle Zeit des Jahres zu verschlafen. Bevor sie sich für einige Monate hinlegen, müssen sie sich jedoch kugelrund fressen und das gelingt besonders gut mit süßen Beeren(ja, die mit doppel-E), die überall in den weiten Nadelwäldern Finnlands just zu diesem Zeitpunkt reif werden. Aber auch ein ausgewachsener Lachs passt vortrefflich auf die Speisekarte und wird gerne genommen.

Im Wild Brown Bear Centre an der Grenze zu Russland (im Landesteil Karelien) habe ich dieses ergreifende Schauspiel von einem sicheren Unterschlupf aus beobachtet. Man muss muchsmäuschenstill sein, da die Braunbären sehr scheu sind und sich von ungewohnten Geräuschen und Gerüchen schnell in die Flucht jagen lassen. Manchmal reicht auch ein aufdringlicher Rabe und der Braunbär ergreift die Flucht. Er wartet dann in der Nähe bis die Luft rein ist und pirscht sich
dann wieder an die verheißungsvoll duftende Box heran, die für ihn und seine Artgenossen bereitgestellt wurde. Beim zweiten Anlauf stören ihn - Pardon: sie! es ist ein blondes Weibchen - die Raben nicht mehr. Mutig schiebt sie den Deckel zur Seite und schnappt sich einen dicken Lachs, dreht sich um und verschwindet im Galopp in den Wald.


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Doch sie kommt wieder und sie ist dieses mal nicht allein. Ein deutlich dunkleres und kräftigeres Männchen taucht auf und man zuckt in dem windigen kleinen Verschlag zusammen, in dem man kauert und atemlos durch einen schmalen Schlitz das Geschehen beobachtet. Wird es zu einer Konfrontation kommen?

Weit gefehlt! Er trottet gemütlich an ihr vorbei und überlässt ihr diese Box, nur um sich in unsere Richtung zu bewegen. Jetzt kommt er direkt auf uns zu! Unwillkürlich halte ich den Atem an und zupfe am Ärmel meiner Mitreisenden. "Er kommt zu uns!" krächze ich leise. Er nähert sich mit großen Schritten, die im morastigen Gelände schlurfende Geräusche verursachen. Meine Nerven sind bis zum Zerreißen gespannt. Zum ersten Mal wird mir bewusst, dass mich nur eine mickrige Wellblechwand von 6oo kg Bär trennen.

Er sieht zu uns her und mir gefriert das Blut in den Adern. Er weiß genau, dass wir hier sind - fährt es durch meinen Kopf. Sein Blick ist konzentriert aber gleichzeitig entspannt. Er trottet jetzt an unserer Hütte vorbei und verschwindet somit aus meinem eingeschränkten Blickfeld, doch ich kann ihn noch immer hören. Kurz neben unserer Hütte hält er inne. Ich schlucke. Dann ein seltsames Geräusch, etwas wird über etwas anderes geschoben und dann höre ich das knirschende Geräusch von Gräten, die von
 
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kräftigen Kiefern geknackt werden. Direkt neben unserer Hütte steht eine weitere Box mit leckerm Lachs! Inzwischen kann man laut und vernehmlich hören, dass es ihm mundet. Schmatzen wechselt sich mit dem Spittern von Gräten ab und ich bemerke, wie ich mich langsam wieder entspanne. Leider kann ich ihn nicht sehen, doch er befindet sich keine drei Meter von mir entfernt und das ist ein unglaublich ergreifendes Gefühl. Dieses wundervolle wilde Tier hat hier einen sicheren Lebensraum gefunden, in dem es nicht durch die Anwesenheit des Menschen gestört wird. Der Mensch ist hier zu Gast in seinem Revier und der Bär akzeptiert es und nimmt die Gastgeschenke an. Wahrscheinlich begeistert ihn die Anwesenheit der Menschen nicht, aber schließlich darf man nicht so wählerisch sein, wenn man sich monatelang verkriecht!

Denise Crocoll

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