Das Herz Ägyptens

Das Herz Ägyptens

Kultur pur oder Badeferien – beides bietet Ägypten, und das auch in Kombination. Aber zurzeit finden nur wenige Urlauber den Weg in dieses wunderbare arabische Land. Ägypten befindet sich im Umbruch. Das macht sich im Tourismus bemerkbar, und das merken damit auch viele einzelne Ägypter mit ihren Familien, denn die meisten leben vom Tourismus.
Wer in zur Zeit das Land am Nil besucht, kann sicher sein, dass er die Sehenswürdigkeiten ohne großen Menschenandrang in aller Ruhe erleben kann. Es ist schon ein unvergleichliches Erlebnis, bei den Pyramiden, in einem Grab oder in einem Tempel (fast) allein zu sein.

Cairo, die Mutter aller Städte, ist ein guter Start für eine Reise durch das Land – Cairo mit seinen vielen Sehenswürdigkeiten. Darunter der seit der Revolution wohl bekannteste Platz, der Tahir-Platz. Er ist das Symbol der Freiheit und so finden hier noch immer Demonstrationen statt - ein Ende ist nicht absehbar. Die Menschen sehnen sich nach Veränderungen in ihrem Land und suchen neue Wege in eine gute Zukunft. Sehr viel länger als die Demonstrationen dauern, befindet sich das markante, rote Gebäude am Platz, in dem das ägyptische Museum seit 1902 zuhause ist und das aufgrund der Vielzahl an Exponaten förmlich aus allen Nähten platzt. Da zur Zeit sicherlich kein Politiker Ägyptens an den seit Jahren geplanten Neubau außerhalb der Stadt denkt, werden noch viele Menschen den Schatz des Tutanchamun im Gebäude am Tahir bewundern können.
Die überdimensional große Ramses-Statue, die vom Ramses-Platz bereits vor Jahren in einer kilometerlangen Prozession zum vorgesehenen „Bauplatz“ des neuen Museums gebracht wurde, muss wohl noch einige Jahre auf Besucher warten, die sie bewundern. Am Ramses-Platz befindet sich der Hauptbahnhof von Cairo. Das Gebäude wurde 1892 erbaut und ist zwischenzeitlich teilweise modernisiert worden. Trotzdem - es versprüht einen ganz eigenen Charme. Von hier aus fahren die Züge nach Ober- und Unterägypten.

Das absolute Herz der Stadt, in der offiziell 20 Millionen wahrscheinlich aber eher noch viel mehr Menschen leben, ist jedoch der weltberühmte Bazar Khan el Khalili. Er liegt im Bereich der Al Azhar Universität, der Al Azhar Moschee und der Al Azhar Verwaltung, die vielleicht vergleichbar ist mit dem Vatikan für die Christen. Wer sich das Erlebnis gönnt, in die Nebenstraßen zu gehen und sich einfach treiben zu lassen, kann verschiedensten Handwerkern und Kunsthandwerkern bei ihrer Arbeit über die Schulter schauen. Handwerk bedeutet hier wirklich noch “von Hand gearbeitet”. Ein Handel hier geht in der Regel nicht ohne den obligatorischen Tee und ohne eine gewisse Preisverhandlung aus.
Im Bazarviertel ist wirklich alles zu finden, im Teil, den die Einheimischen nutzen gibt es eher das was der Ägypter für das tägliche Leben benötigt, im Touristenbazar eben das, was Touristen bevorzugt als Souvenir an ihre Reise mitnehmen. Überall herrscht reges Treiben, Menschen, die sich lautstark unterhalten, Eselsgeschrei und hupende Autos fügen sich im Bazar zu einem bunten Gesamtbild.

Es stimmt mich traurig, dass in einigen Stadtteilen viele der schönen Bauten aus der Besatzungszeit verfallen, jedoch fehlt das Geld, um in den Erhalt dieser Gebäude zu investieren. Dafür sind die Ägypter aber umso emsiger dabei, ihre wertvollen Altertümer zu erhalten, angesichts der Vielzahl der kulturhistorischen Relikte aus vielen Tausend Jahren eine Herkulesaufgabe, für die nie genug getan werden kann.

Cairo, große, laute, grelle, lebendige Metropole – Cairo, Stadt mit großer Geschichte, mit Plätzen, die in die Welt von 1001 Nacht entführen, mit Menschen, die ihre Stadt verehren, mit Menschen, die ihr Herz zeigen, Touristen gegenüber, aber vor allem auch gegenüber den eigenen Landsleuten. Selbst der Ägypter, der nur knapp für sich sorgen kann, versucht, andere, die noch bedürftiger sind, zu unterstützen. Nicht selten sieht man Menschen, die Almosen verteilen. Da wird mir wieder einmal bewusst, in welchem Luxus wir in Deutschland leben, und ich schäme mich dafür, dass ich mich manchmal vom Leben benachteiligt fühle.
Mein Herz schlägt für Ägypten und ich wünsche den Ägyptern, dass sie ihren Weg in eine bessere Zukunft finden, auch wenn der Weg dorthin sehr, sehr lang und schwierig sein wird.

Ingrid Cardel


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